Autor: Simon Meier-Vieracker (Seite 1 von 7)

Rahn hat Vertrag

Im lesenswerten Buch „Die Weltmeister von Bern. Biographie einer Jahrhundertmannschaft“ von Tobias Escher berichtet der Autor von dem gescheiterten Versuch eines italienischen Unterhändlers, Helmut Rahn im Sommer 1952 für ein Kopfgeld von 150.000 Mark für Inter Mailand zu verpflichten. Die Absage des Vereinsmäzens paraphrasiert Escher wie folgt: „Rahn habe Vertrag und sei Nationalspieler.“ (S. 103). Beim Lesen dieser Passage habe ich gestutzt, denn die artikellose Konstruktion „Rahn hat Vertrag“ hätte ich jünger vermutet. Ob sie vor über 70 Jahren schon Gebrauch war? Oder wird hier ein moderner Sprachgebrauch den historischen Akteuren in den Mund gelegt?

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Nominalkomposita auf spielverlagerung.de

Im Dezember hatte ich mal wieder einen Auftritt im Podcast „Die Phrasendrescher“, der für den traditionellen spielverlagerung.de-Adventskalender reaktiviert worden war. Das Thema war dieses Mal die spielverlagerung.de-typische Fußballsprache, und da lag es nahe, das über diesen Podcast auszuspielen. Ich durfte mit den Hosts Martin Rafelt und Tim Rieke über den schönen Ausdruck „Präsenz“ sprechen. Bei der Recherche zum Gebrauchsprofil dieses Ausdrucks im spielverlagerung-Korpus war mir unter anderem die Produktivität bei der Kompositabildung aufgefallen, denn ich hatte 100 verschiedene Komposita mit Erst- oder Zweitglied präsenz gefunden, von der Offensivpräsenz über das Präsenzproblem bis hin zur Zugriffspräsenz. Im Gespräch mit den beiden Experten war dann die Idee aufgekommen, mal generell nach besonders produktiven Wörtern im Spielverlagerungswortschatz zu schauen, was die Kompositumsbildung angeht. Denn es dürfte ja allen Leser:innen der Blogs längst aufgefallen sein, dass die Möglichkeiten der deutschen Morphologie in der Fachsprache des Blogs stark ausgereizt werden, immer auf der Suche nach ebenso präzisen wie konzisen Beschreibung.

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Phrasen auf’m Rasen

Im Rahmen der Kinder-Universität an der TU Dresden durfte ich im vergangenen Semester eine Vorlesung über Fußballlinguistik halten. Leider nur digital, was ich sehr bedauert habe, da ich so auf das unmittelbare Feedback des Saalpublikums verzichten musste. Dafür ist der Vortrag jetzt in guter Qualität als YouTube-Video verfügbar, das ich hier auf dem Blog zugänglich mache.

Vor allem die Q&A-Session am Schluss ist wirklich sehenswert. Nicht wegen meiner Antworten, sondern wegen der putzigen Fragen der Kinder, die der Moderator und sein Team sorgsam ausgewählt haben. Schaut gerne mal rein.

Football Word Embeddings Pt. 2: Visualisierung des Modells

Im vorangegangenen Blogpost „Football Word Embeddings“ habe ich gezeigt, wie man mit dem Algorithmus Word2Vec ein Korpus von Fußballlivetickern in lexikalischer Perspektive datengeleitet erschließen kann. Jetzt habe ich mit dem großartigen Tensorflow Embeddings Projector eine Möglichkeit entdeckt, das Modell zu visualisieren und – das ist das beste daran – auch für andere zur Verfügung stellen zu können.

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Football Word Embeddings

Eine der faszinierendsten Methoden der Korpuslinguistik ist die Berechnung von sogenannten Word Embeddings. Über die technischen Details kann und will ich hier nicht viele Worte verlieren, aber ganz kurz gesagt setzt die Methode die uralte Hypothese der distributionellen Semantik um: „You shall know a word by the company it keeps.“ Wörter, die in ähnlichen Kontexten vorkommen, haben demnach eine ähnliche Bedeutung.

Durch neuronale Netze stehen heute Technologien zur Verfügung, um eine in distributionellen Termini vorgenommene Beschreibung der Bedeutung von Wörtern auch auf der Basis sehr großer Datenmengen durchführen zu können. Ein populärer Algorithmus ist word2vec, der, wie der Name schon andeutet, Wörter auf Vektoren abbildet und so einen semantischen Raum modelliert. In diesem Raum, so die Idee, liegen bedeutungsähnliche Wörter nah beieinander, so dass man recht einfach Synonyme erheben kann.

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Public Humanities als offene Bühne oder: Warum Wissenschaft in Social Media auch Spaß machen soll

[Dieser Text erschien zuerst auf dem Blog Public Humanities, hrsg. v. Lisa Kolodzie, Mareike Schumacher, Melanie Seltmann und Daniel Brenn. Er sollte darum auch so zitiert werden:
Meier-Vieracker, Simon (2021): „Public Humanities als offene Bühne oder: Warum Wissenschaft in Social Media auch Spaß machen soll“. In: Kolodzie, Lisa, Schumacher, Mareike, Seltmann, Melanie und Brenn, Daniel (Hrsg.): Public Humanities. https://publicdh.hypotheses.org/93.]

Ich liebe Social Media. Und ich nutze Social Media intensiv und in ihrer ganzen Bandbreite: Ich habe einen eigenen Blog (fussballlinguistik.de), bin Autor und Redaktionsteammitglied eines gemeinschaftlichen Wissenschaftsblogs (lingdrafts.hypotheses.org), habe einen Twitteraccount (bzw. gleich mehrere, s.u.), produziere verschiedene Podcasts, bespiele einen Instagram-Account und einen YouTube-Kanal über die Professur und dann kommt auch noch TikTok dazu. Nur Facebook habe ich aufgegeben, weil hier eigentlich nichts (mehr) passiert, was mich interessiert.

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#FINDEN statt #DENFIN

Wenn heute Abend bei der Europameisterschaft Dänemark und Finnland aufeinandertreffen, werden wieder viele inklusive mir bedauern, dass Dänemark und nicht Finnland Heimrecht hat. Denn sonst wäre der Hashtag zum Spiel hübscherweise #FINDEN statt #DENFIN. Das gleiche erwartet uns beim Spiel Deutschland gegen Ungarn, denn wie schön wäre bitte #HUNGER gewesen! Mit den FIFA-Codes lassen sich eine Menge schöner Wörter bilden, wer zum Beispiel erinnert sich nicht an #PORNED?

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Über Scheißfragen

Ein Gastbeitrag von Antje Wilton

Neulich war es mal wieder soweit: ein Fußballer rastet beim Interview aus. Jonas Hector war nach der Niederlage des 1. FC Köln gegen Holstein Kiel in der Relegation sichtlich ungehalten. Das Ereignis belustigte – wie immer in einem solchen Fall – die Kommentator:innen in den sozialen und anderen Medien. Immerhin war der Vorfall einen Beitrag in der ZEIT wert. Dort war dann zu lesen, dass diese Fragen platt, dumm, oder gar – um Jonas Hector selbst zu zitieren – „Scheißfragen“ seien, auf die eine Standardantwort zu geben dieser eben diesmal keine Lust hatte.

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Braucht es eine Fußballlinguistik?

Eine Replik auf Tahir Balcı

Im fünften Band der Schriftenreihe „Schriften zur Sprache und Literatur“ (Open Access), einem Forum für die neuphilologische und v.a. germanistische Forschung in der Türkei, hat der Herausgeber Prof. Dr. Tahir Balcı (Çukurova Üniversitesi) als eröffnenden Beitrag eine Miszelle mit dem Titel „Fußballlinguistik? Einspruch gegen den Wirrwarr in der Begrifflichkeit der Angewandten Linguistik“ veröffentlicht. Tahir Balcı, ein sehr vielfältig interessierter Sprachwissenschaftler, hat mich eigens per Email auf die Publikation hingewiesen, in der er die Fußballlinguistik als „fraglich“ und „inhaltlich und formal unhaltbar“ verurteilt. In glossenhaftem Stil wirft er mir vor, ein linguistisches Durcheinander mit zu verursachen, indem ich eine völlig überflüssige Disziplin ‚erfunden‘ hätte.

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Goals from the remote past

Für ein aktuelles Publikationsprojekt habe ich vom Kicker Zugriff auf das digitale Archiv erhalten. Über 100 Jahre Fußballgeschichte, von der ersten Ausgabe 1920 bis heute. Eine ideale Ressource, um den Twitteraccount „Goals from the past“ (@retrolivetext), über den Jürgen Hermes und ich die Verläufer historischer Fußballspiele tickern, einmal mit ‚wirklich‘ historischen Partien zu bespielen. Goals from the remote past sozusagen. Die demnächst anstehenden Testspiele gegen Dänemark und Lettland werden wir dafür nutzen (mit den Partien von 1927 und 1937), und auch das EM-Vorrundenspiel gegen Ungarn haben wir im Programm mit – oh Wunder – dem Wunder von Bern 1954.

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