In einem früheren Blogpost habe ich eine korpuslinguistische Methode zur automatisierten Detektion von ‚Phrasen‘ vorgestellt. Die basiert auf einer sog. Kollokationsanalyse und funktioniert kurz gesagt so, dass in einem Korpus Wortpaare gefunden werden, deren Bestandteile für sich genommen selten, dafür aber recht häufig zusammen vorkommen (und zwar im statistischen Sinne signifikant häufig). Thematisch homogene Korpora wie etwa Liveticker-Korpora sind hierfür ideal, denn wenn bspw. in Livetickern überhaupt von einer Messe die Rede ist, dann wohl immer in der Weise, dass sie (noch nicht) gelesen ist. Der Phrasendetektor findet also Wortverbindungen, deren Komponenten in ihrer wörtlichen Bedeutung thematisch nicht einschlägig sind, dafür aber in genau dieser Kombination idiomatische Bedeutung haben und als Idiome wiederum sehr domänentypisch sind.

Zwar findet man auf diesem Wege nicht alle Phrasen, aber was man überhaupt findet, sind in vielen Fällen ‚Phrasen‘ (computerlinguistisch ausgedrückt ist der recall schlecht, aber die precision dafür ganz gut). Messers Schneide oder Segel streichen sind Beispiele aus meinem kicker-Liveticker-Korpus.

Inzwischen habe ich meine Korpora mehrsprachig ausgebaut, und mir liegen auch englische, niederländische, französische, spanische, italienische, portugiesische, russische, tschechische, russische und griechische Liveticker vor. Über alle kann man den Phrasendetektor jagen, und zumindest für die ersten vier Sprachen gibt es gute Ergebnisse und meine Sprachkenntnisse reichen aus, um sie einschätzen zu können. Was dabei herauskommt, möchte ich hier kurz als Beitrag zu einer kontrastiven Phraseologie der Fußballsprache darstellen.

Dabei beschränke ich mich hier auf die auffälligsten zehn Befunde pro Sprache (aber in absteigender Signifikanz sortiert). Und ich wähle eine Darstellung, die neben den originalen Phraseologismus eine wörtliche Übersetzung und, wo möglich, ein ungefähres (!) phraseologisches Pendant des Deutschen oder wenigstens eine Paraphrase stellt.

Was fällt auf? Es gibt so manche Redewendung, die völlig rätselhaft ist wie etwa to be at sixes and sevens oder das spanische Klöppelspitzen machen; andere dagegen weichen nur auf vernachlässigbare Weise ab wie etwa die im Französischen aufgesagte statt gelesene Messe. Wir finden auch manches, was als „falscher Freund“ beschrieben werden kann: Redewendungen, deren wörtliche Übersetzungen in der Zielsprache zwar auch als Idiome existieren, aber eine andere Bedeutung haben. Idas y venidas meint zumindest im Fußball eben gerade nicht Kommen und Gehen, sondern Hin und Her.

Vor allem gibt so manches schöne Bild, zum Beispiel das des ganzen Fleischs, das auf den Grill gelegt wird, wo im Deutschen eher alle Register gezogen werden. Solche Fälle werden gerne über die Sprachspezifik hinaus als Belege von Kulturspezifik ausgedeutet, so als ob den Spaniern der Grill das, was den Deutschen die Orgel. Aber das greift in den meisten Fällen zu kurz und ist oft nur eine Projektionsfläche für wiederum kulturell gebundene Nationalstereotype. Und genau in diesem Sinne denke ich mir „War ja klar!“, wenn ich sehe, dass sich die Niederländer bei vertanen Chancen nicht die Butter, sondern den Kaas vom Brot nehmen lassen. ^^