Der vielgerühmte Reichtum der Fußballsprache an Quasisynonymen ist nirgends so groß wie im Bereich der Verben für die verschiedenen Arten des Schießens. Das liegt nicht nur daran, dass es so viele verschiedene Schusstechniken gibt. Zwar mag man zwischen lupfen, chippen und schieben anhand der exakten Bewegung von Spieler und Ball gut unterscheiden können, aber der Unterschied zwischen hämmern, nageln, dreschen und zimmern dürfte überall, nur nicht in den damit bezeichneten Akten des Schießens zu suchen sein.
Ein wirksames Prinzip in Livetickern scheint neben dem ohnehin geltenden Gebot zur ständigen Variation (die Spieler wemmsen eben, wenn sie zuvor genagelt haben) auch das der, wie ich es nennen möchte, stilistischen Isotopie zu sein. Expressive Jargonverben werden eher mit zusammen mit anderen Jargonausdrücken kombiniert, weshalb eher das Leder in die Maschen gezimmert, der Ball dagegen eher in die Mitte gespielt wird.
Außerdem gibt es auch anbieterspezifische Unterschiede. Der Kicker-Liveticker hat andere Verben in petto als etwa der von sportal.de – und besonders extravagant ist sicher der von 11 Freunde. Um sich die ganze Bandbreite der Verben wie auch die anbieterspezifischen Vorliegen mit einem Mal zu vergegenwärtigen, bietet sich eine Visualisierung in Form eines Netzwerks an. Eine smartphonetaugliche Variante bette ich direkt hier ein, für alle Desktopnutzenden empfehle ich diese interaktive Variante.
Das Netzwerk zeigt alle lemmatisierten Füllwerte der Konstruktion VVFIN {den | die | das} {Ball |Ei | Kugel | Kunstleder | Leder | Murmel | Pille | Rund | Spielgerät | Sportgerät}
aus den Livetickern von kicker.de, sportal.de, weltfussball.de und 11freunde.de, insgesamt 185 Stück. Dabei wurden nur Troponyme für schießen berücksichtigt, Torwartverben wie fausten und nonagentive Verben wie landen habe ich bereinigt. Die Kanten im Netzwerk zeigen, in welchen Livetickern (repräsentiert durch die grünen Knoten in der Mitte) sie verwendet werden. Der verwendete Algorithmus zur Berechnung des Netzwerks geht so vor dass Knoten mit vielen Ein- und Ausgängen weiter innen stehen, so dass Verben, die in allen Livetickern zu finden sind, eher in der Mitte stehen, die idiosynkratischen dagegen eher außen. Ein Nebeneffekt davon ist der, dass man aus der Position der Website-Knoten zueinander ersehen kann, wie ähnlich sich ihre Verbparadigmen sind. Wenig überraschend zeigt sich, dass die konventionellen, vor allem auf Information abstellenden Liveticker von kicker.de, sportal.de und weltfussball.de ein Grüppchen bilden und der Liveticker von 11freunde.de eher abseits steht. In der interaktiven Variante kann man die einzelnen Knoten anklicken und sich alle Verbindungen anzeigen lassen, so dass man auf einen Blick die Verben sieht, die in einem der Liveticker verwendet werden, oder aber, in welchen Livetickern ein Verb verwendet wird.
In reinen Zahlen ausgedrückt verteilen sich die Verbparadigmen auf die vier Anbieter wie folgt:
Anbieter | Types | Tokens | häufigste Types |
kicker.de | 80 | 8773 | bringen, lenken, jagen |
sportal.de | 76 | 5363 | bringen, spielen, legen |
weltfussball.de | 115 | 20173 | bringen, setzen, legen |
11freunde.de | 126 | 663 | schieben, köpfen, zimmern |
Mein Liebling ist übrigens buttercremen. Und zum Beweis, dass ich mir das nicht ausdenke:
TYI:
Im Interview in Deutschlandradio war Ihnen folgendes Verb unbekannt:
drömeln
dörmeln, drömmeln sich Zeit nehmen, etwas langsam machen, sich nicht beeilen, die Zeit vertrödeln Wenn der weiter so drömelt, werd ich noch verrückt. Drömel doch nich so! Im Ruhrgebiet schickte man die Kinder mit dieser Mahnung zum Bäcker: Kind, hol zum Kaffee mal schnell ein paar Teilchen vom Bäcker, aber nich widder drömmeln. Auch: ein paar Minuten schlafen Der dörmelt ma eben. eindörmeln einschlafen, einnicken, kurz einschlafen Bei Rosamunde Pilcher dörmel ich immer ein, so langweilig ist das. rumdörmeln die Zeit vertrödeln, nichts Sinnvolles tun Dörmel nich rum, sonst wirste nie fertich… Nä, ich mache eigentlich kein Mittagsschlaf! Mir reichtet, wenn ich mich kurz auf der Couch lang machen und ein halbet Stündchen rumdörmeln kann. dörmelich/drömelich langsam, zögerlich (auch geistig abwesend, tagträumend) Nu sei doch nich so dörmelich, dat is ja nich zum Aushalten. Ein Drömel oder Drüemel bezeichnet einen Menschen, an dem alles vorbei geht. Ein Drömmelspitter ist ein zögerlicher, unentschlossener Mensch.
Man drömelt in den Mundarten des zentralen Rheinlands, im Bergischen Land und im Ruhrgebiet kann man sowohl dörmeln als auch drömmeln.
Bearbeiter: Dr. Karl-Heinz Schumacher (Aachen), Gabi Kammermeier (Krefeld), G. (Velbert), Claudia Böhmer (Mechernich), Agnes Tappe (Essen), Stefan Wette (Essen), Heike Elsner (Hilden), Dr. K. E. Wittmer (Bad Honnef), E. (Düsseldorf)
Gruß
gb
Danke, das wusste ich tatsächlich nicht. Gesagt habe ich „trömmeln“, was aber auch egal ist, denn worum es mir ging: Ich kann auch mir unbekannte Wörter in die Schablone einsetzen und sie werden dann wahrscheinlich als Bezeichnung für Schießen interpretiert, selbst wenn sie in einem oder mehreren Dialekten eigentliche eine andere Bedeutung haben.
Die besten Interwies macht Jeff Baltermia, es ist ein Vergnügen ihm zuzuhören, wenn er die Spieler nach ihren Eindrücken fragt. Es ist auch offensichtlich, dass es die Spieler freut, wenn Baltermia am Schluss des Spiels auf sie wartet. Mir scheint, die meisten Spieler akzeptieren ihn als guten Bekannten. Gut zum Ausdruck bringt das Xhgerdan Shaqiri, welcher immer mit einem breiten Lachen auf Baltermia zukommt und auch zeigt, wie er sich über den Basler Reporter freut.